Ich bin auch ein Steuerzahler

Ein Gastbeitrag von Michael Adler, Chefredakteur bei fairkehr, dem Magazin des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), der zuerst in der fairkehr erschien und den wir hier mit freundlicher Genehmigung veröffentlichen.

Es gibt Organisationen, die so tun, als würden sie
für ganz Deutschland sprechen. Sie bewerten willkürlich und torpedieren
oft schon kleinste Innovationen. Der Bund der Steuerzahler ist so ein
Megafon des Falschen. Jetzt stellt der selbsternannte Anwalt der
Steuerzahler das zarte Pflänzchen der Radverkehrsförderung an den
Pranger. 25 Millionen Euro stellt das Bundesverkehrsministerium erstmals
für überregionale Radschnellwege zur Verfügung. „Fragwürdig“ findet der
Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel das. Der Bund sei dafür nicht
zuständig. Zum Vergleich: Der niederländische Staat fördert
Radschnellwege mit mehr als 700 Millionen Euro. Erklärter Zweck der
niederländischen Zentralregierung: Stauvermeidung.

Ich protestiere. Ich habe mit diesem gestrigen
Verein nichts zu tun. Sein Credo: Jede Ausgabe des Staates ist von Übel.
Er redet dem marktliberalen Modell von Staat und Wirtschaft das Wort.
Der Markt soll alles richten, der Staat sich möglichst auf hoheitliche
Aufgaben beschränken. Und das freie Spiel der Kräfte regelt alles zum
Besten. Zu wessen Besten? Jedenfalls nicht zum Besten der Umwelt und der
Menschen.

Dabei gäbe es wahrlich Grundsätzliches zu
kritisieren an der Subventionspolitik des Bundes. 57 Milliarden Euro
betrugen laut Umweltbundesamt die umweltschädlichen Subventionen der
Bundesregierung im Jahr 2012. Davon entfällt auf den Verkehrssektor gut
die Hälfte mit 28,4 Milliarden Euro. Das ist das 1150-Fache der kleinen
Radverkehrsförderung. Mit 12 Milliarden Euro allein sponsert der Staat
den klimaschädlichen und lauten Flugverkehr: dadurch, dass Kerosin
steuerfrei ist und internationale Flüge von der Mehrwertsteuer befreit
sind. Aktuell kein Wort dazu vom Steuerzahlerbund.

Mit 7,4 Milliarden subventioniert der Bund die
gesundheitsschädlichen und betrügerisch manipulierten Diesel-Pkw. Die
Grenzwerte für Stickoxide werden in deutschen Städten regelmäßig
überschritten. Ursache sind zum überwiegenden Teil Dieselfahrzeuge.
Diese Abgase mitten in unseren Städten und Dörfern machen Menschen
nachweislich krank. Die insgesamt 21,9 Cent weniger Steuern pro Liter
sind also durch nichts zu rechtfertigen. Hat man vom Steuerzahlerbund in
der Diskussion um Dieselgate irgendwas gehört?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Mir würde dieser
Steuerzahlerbund nicht fehlen. Was wir brauchen könnten in Deutschland,
ist eine Institution, die staatliche Ausgaben- und Steuerpolitik im
Hinblick auf ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit
bewertet. Experten nennen so etwas eine ökologisch-soziale Finanzreform.
Auf das kleine Pflänzchen der dringend notwendigen Radverkehrsförderung
auf Bundesebene zu treten, ist in diesem Sinne nun aber gerade
unverantwortlich. Der Karlsruher Bürgermeister Michael Obert (FDP) sagte
auf dem Nationalen Radverkehrskongress in Mannheim Anfang April:
„Einige fordern zwar schon wieder, wir sollten mit dem Radverkehr mal
langsamer machen. Denen kann ich nur entgegnen: Diejenigen Städte, die
den Radverkehr ignorieren, werden zurückfallen. Wir haben gerade erst
richtig angefangen.“

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